Bis jetzt standen die Herren Morse, Portnoy, Stolt und Trewavas ja nicht im Verdacht, dass bei ihnen etwas schnell geht – jedenfalls nicht, wenn es um ihr gemeinsames Baby Transatlantic geht, und so kommt es doch recht überraschend, dass bereits kurz nach der Veröffentlichung der Whirld-Tour 2010 – Live-DVD schon der Nachschlag mit dem etwas gekünstelt witzigen onomatopoetischen Titel MORE NEVER IS ENOUGH kommt – ein opulentes 3 CD / 2 DVD-Werk, das sozusagen das Rundum-Sorglos-Paket für den Fan darstellen soll.
Und in der Tat zeigt es eine Band, die nicht nur bekanntermaßen zum musikalisch Hochwertigsten gehört, sondern tatsächlich – und das ist gerade in der gelegentlich etwas nerdigen Prog-Szene um so bemerkenswerter – auch zu den besten Live-Acts, die man sich genreübergreifend ansehen und -hören kann. Neal Morse ist definitiv einer der besten Frontmänner der Musikszene, Mike Portnoy ist sowieso eine Stimmungskanone, Pete Trewavas ein strahlendes und dauerhüpfendes Energiebündel und selbst Roine Stolt ist inzwischen live mit der Band nicht mehr so stehlampig wie früher oder mit seinen Blumenkönigen.
Ein Stück weit macht die Box natürlich die Whirld DVD obsolet, da hier alles nochmals – nur noch mehr – drauf ist. Aber als Musikfan ist das selbstredend kein Argument, nicht zuzuschlagen.
Im Zentrum steht zunächst einmal musikalisch das Opus Magnum „The Whirlwind“ von 2009, das damals von kaum jemandem noch erwartete neue Album. Und wovon ich mich beim Live Besuch des Stuttgarter Konzertes ein paar Tage vor den hier vorliegenden Aufnahmen schon selbst überzeugen konnte, bestätigt auch die Live-Version des Songs aus Manchester: während der einstündige Wirbelsturm in der Studiovariante doch den ein oder anderen Tiefausläufer bildet und so für meinen Geschmack deutlich hinter den beiden ersten Platten SMPTe und Bridge ACROSS FOREVER zurückbleibt, gewinnt das Ganze in der Live-Darbietung doch vernehmbar an Schwung und Spannung, der hervorragende Daniel Gildenlöw (Pain Of Salvation) als „Schweizer Taschenmusiker“ unterstützt mit Gitarren, Gesang, Percussion und Keyboards die Livepräsentation sehr schön .
Das Zusammenspiel der Band ist hervorragend (anders etwa als bei den Liveaufnahmen v.a. zum ersten Alben), was natürlich nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass die Band hier ihre erste wirklich längere Tour spielt – das hört man.
Im weiteren Verlauf arbeiten sich die Herren durch fast das ganze Song-Repertoire, und zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, dass die Band auch nur einen Hauch nachlässt – das ist wirklich Unterhaltung aus der musikalischen Feinkostabteilung und lässt das Live-Erlebnis Transatlantic (wieder) erfahrbar machen. Dass ich, der ich nun wahrlich kein sonderlicher Freund von Live-CDs bin, auch über die Beschäftigung wegen der zu schreibenden Kritik hinaus seit geraumer Zeit die CDs in Dauerrotation im Auto laufen habe ist da bezeichnend.
Dass meine Wahl, welche der 3 CDs ich jetzt höre, fast immer auf CD 2 oder 3 und damit auf das Material der ersten Alben fällt, bestätigt in meinen Augen aber auch wieder, um wie viel besser nochmals diese Songs sind. Gerade das Material von BRIDGE ACROSS FOREVER (allen voran das überirdische Stranger In Your Soul) ist schlichtweg brilliant – für mich, und jetzt wird’s schlimm subjektiv – definitiv die beste Progplatte der letzten 20 Jahre!
Alles in allem ist das hier vorliegenden Paket wirklich ein Muß für alle Fans der Band und alle Liebhaber guter, progressiver Musik. Transatlantic sind eine absolute Ausnahmeband und als Live-Act eine Wucht – und das wird auf „MORE NEVER IS ENOUGH“ einmal mehr deutlich!
Disk 1
- Whirlwind
Disk 2
- All of the above
- We all need some light
- Duel with the devil
Disk 3
- Bridge across forever
- Stranger in your soul
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