Mit der Band Soulfly ist es so eine Sache – die einen warfen deren kreativen Mastermind Max Cavalera während der sogenannten (meiner Ansicht nach überragenden) Nu-Metal Phase der Band vor, seine Roots (Sorry, der musste sein) verraten zu haben. Nu Metal galt und gilt Wächtern des korrekten Metal Geschmacks wahlweise ja schon immer als nicht „true“ oder als aufgesetzter Kommerz. Nun ja. Die Anderen, vielleicht sogar die Gleichen, die seinerzeit PRIMITIVE aus Prinzip als nicht hörenswert betrachteten, werfen Max wiederum seit geraumer Zeit kreativen Stillstand vor, seit er sich mit seinem Projekt Soulfly wieder dem recht klassischen Thrash Metal zugewendet hat.
Ob man diesen Gedanken nun folgen will oder nicht, die Stimme der Letztgenannten wird sich auch beim neuen Album ENSLAVED unweigerlich erheben, denn musikalische Innovation bzw. Evolution hört sich anders an und darauf wird auf Soulfly’s neuestem Werk auch eher wenig Wert gelegt. ENSLAVED überzeugt hingegen durch andere Qualitäten. Insbesondere durch seine ungeheure Rohheit und musikalische Wucht. „World Scum“, die erste Auskopplung des Albums, umreißt die eingeschlagene musikalische Richtung eigentlich recht gut. Harter, brutaler Thrash-Metal mit deutlichem Death-Metal Einschlag steht auf dem Programm. Kompromisslos brutal, dabei weit weniger beliebig als noch auf OMEN, hauen uns Soulfly ein Album um die Ohren, das bretthart von der ersten bis zur letzten Sekunde den Cavalera typischen Sound zelebriert wie ich ihn seit seligen BENEATH THE REMAINS Zeiten zu schätzen weiß. Die Marketing Abteilung der Plattenfirma fokussiert sich in der Werbung auf die Brutalität des Albums und tatsächlich hat dies seine Berechtigung. Die Aussage, es handele sich bei ENSLAVED um die härteste Platte, die Max Cavalera jemals geschrieben habe, ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen und keineswegs irreführend. Ein so kompromisslos düsteren und hartes Alben habe ich von Soulfly tatsächlich noch nicht gehört. Wenn man den stets unvermeidlichen Vergleich zu den Alben von Cavaleras ehemaligen Kollegen Sepultura zum zieht, so würde das Album in Sachen Brutalität sogar deren frühenVeröffentlichungen erstaunlich nahe stehen. Kompromisslose Härte dürfte durchaus ganz oben auf der To Do Liste Max Cavaleras gestanden haben. Dies zeigt sich schon an der Auswahl der Musiker, die er für das Album zusammengetrommelt hat. Mit David Kinkade sitzt ein Musiker an den Drumkits, der zuletzt bei Borknagar dem Black Metal frönte, als Gastsänger konnten Soulfly Travis Ryan von der DeathGrind Formation Cattle Decapitation und Dez Fafara von Devil Driver für das Album gewinnen. Veredelt werden musikalische Geschoße wie „Gladiator“, „American Steel“, „Treachery“ oder „Plata o Plomo“ oder eben „World Scum“ durch eine überaus gelungene, rohe und fette Produktion von Chris Harris, die den Hörer ordentlich in den Sessel zu drücken versteht und so manche Tanzfläche in einen Hexenkessel verwandeln könnte.
Zweifelslos ist ENSLAVED nicht nur in eine Reihe mit den deutlich härteren Veröffentlichungen der Band Soulfly zu stellen, es ist definitiv ihr bis dato härtestes Werk. Man kann zwar bei ENSLAVED ruhigen Gewissens von einem rundum gelungenen Thrashalbum sprechen, das sich in Sachen Direktheit und Brutalität hinter keinem Werk des Genres zu verstecken braucht – alle üblichen Verdächtigen wie z.B. REIGN IN BLOOD und Co einmal ausgenommen. Ein Meilenstein ist Max Cavalera mit seinem neuesten Soulfly Output (einmal mehr) nicht gelungen sondern liefert eher solides bis perfektes Handwerk ab. Achtung, jetzt wird es schlimm subjektiv: was ich außerdem auf dem Album schmerzlich vermisse, ist nicht nur wenigstens ein zwingender und absolut überwältigender Song wie seinerzeit „Arise“, „Refuse/Resist“ oder „Roots Bloody Roots “. Was mir ebenfalls fehlt, ist dieser schwer zu fassende letzte kompositorische Funke, der ein gutes bis sehr gutes Album absolut unverwechselbar machen ,und den Fan staunend zurücklassen kann. Anders ausgedrückt: Vor Freude nach Luft geschnappt habe ich beim Hören von ENSLAVED eigentlich nie. Die Kompositionen sind mir doch zu vorhersehbar und gleichzeitig eben nicht so zwingend überragend wie andere Songs aus der Feder von Max Cavalera an denen er sich nun einmal messen lassen muss. Was bleibt, ist ein gutes Album, dass ich jedem Fan des Genres empfehlen kann, das aber in meinem persönlichen CD Schrank mittelfristig Staub ansetzen wird. Leider.
(Autor: Alexander Göhs)
- Resistance
- World Scum
- Intervention
- Gladiator
- Legions
- American Steel
- Redemption Of A Man By God
- Treachery
- Plata O Plomo
- Chains
- Reveangance
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