Seit seinem unter viel Getöse vonstatten gehenden Abschied von den New Yorker Vorzeigeproggern Dream Theater ist Drummerlegende Mike Portnoy schwer damit beschäftigt, eine neue und dauerhafte musikalische Heimat zu finden. Beschäftigt war er ja wie sonst auch – dank zahlreicher Kollaborationen mit vielen hervorragenden Musikern – an dieser Stelle sei nur an seine Zusammenarbeit mit dem genialischen Neal Morse erinnert. Ein „richtiger“ Ersatz für DT war da aber nie dabei. Nun also ist nach offizieller Lesart „die neue Gang in der Stadt“ (so der grenzpeinliche Promotext zur vorliegenden Platte) die neue Hauptband von Herrn Portnoy.
Mit Progröhre Russell Allen (Symphony X) und Flitzefinger Mike Orlando an der Gitarre soll es nun auf zu neuen Ufern gehen.
Orlando ist dann auch der musikalische Vater der Projektes, er hatte Songs in der Schublade, Allen (der mit ihm für ein Soloalbum aufnahm) fand´s gut und Portnoy hatte keine Band – das passte.
Schon an der Konstellation der beteiligten Musiker lässt sich dann auch die musikalische Ausrichtung der Combo leicht erraten: es soll hart und ehrlich abgerockt werden.
Das Resultat des Ganzen ist dann grundsolider, gut gespielter und produzierter harter Rock, der durchaus zu gefallen weiß und Spaß macht, mich aber nie wirklich packt: Allen brüllt und schreit, was das Zeug hält und hat auch (im Gegensatz zu den letzten Symphony X Alben) auch mal weniger Zerre und damit etwas Variation im Gesang parat, ein wirklich toller Rocksänger, mir persönlich auf Albumlänge dann aber doch irgendwann nicht farbig genug. Portnoy kann seiner seit einiger Zeit stark in den Vordergrund tretenden „Abrocklust“ nach Belieben fröhnen und liefert eine sehr energetische Drumleistung ab, Orlando gibt den Saiten-Derwisch.
Daß es aber diese Einzelleistungen der beteiligten Musiker sind, die mir am meisten in den Sinn kommen, wenn ich an die Platte denke, stellt dann meiner Ansicht nach das Hauptproblem der Platte da: da bleibt einfach als Album zu wenig hängen. Toll zum Autofahren, nix zum Genau-Hinhören.
Omertá ist eine ordentliche Platte, keine Frage, aber Hooks, die sich nachhaltig in die Gehörgänge schieben oder Melodien, die wirklich beim Hörer zünden – Fehlanzeige. Orlando ist ein außergewöhnlich fähiger Gitarrist, keine Frage, aber das Dauerschnellgespiele nervt dann doch und wirkt eher uninspiriert: irgendwann hat man es kapiert, daß er seine Tonleitern kann und er Mitglied bei den Anonymen Pentatonikern ist.
Zudem wirkt, wie schon oben kurz erwähnt, die Vermarktung mit dem ganzen Mafia und Ganggedöns doch reichlich albern, zudem hat man das Gefühl, daß die Band musiklisch kein Metal-klischee auslassen möchte. Gerade bei den Texten. Das wirkt doch arg so, als hätte da jemand einen „Generic-Metal-Lyric-Generator“ am Computer bemüht. Da gibt´s reichlich laufende Motoren und bebenden Erde, und die – ja, auch das lässt die böse Gang nicht aus – „spread your wings and fly…so high…“-Nummer ist ein klarer Verstoß gegen das Wacken-Abkommen. Hätten sich da mal lieber an die omertá gehalten…Feinheiten sucht man da, wie auch musikalisch, vergeblich. Muß aber ja vielleicht auch nicht sein, und Fans wird das nicht stören.
Songs wie „Psychosane“, „Hit the wall“ oder „Undaunted“ rocken straight und hart, ein wirklich hängenbleibender Chorus hätte da aber (wie leider etwas zu oft auf der Platte) nicht schlecht getan. Die Schnellspielorgien von Orlando sind immer wieder etwas nervtötend, weniger wäre da in meinen Augen mehr gewesen. Seine Riffgitarre ist aber durch die Bank großartig.
Tastsächlich ist mein Favourite auf der Platte ein (im Vergleich) eher ruhiger Song: „All on the line“, das mich an die guten alten Whitesnake erinnert, schlicht ein großartiger Track.
Das Fazit: wären mit Mike Portnoy und Russel Allen nicht zwei meiner Lieblingsmusiker (wenn auch in anderem Kontext) an Bord, hätte mich der Adrenaline Mob eher nicht interessiert. Was für mich abzüglich der hierfür verteilten Sympathiepunkte bleibt ist, dass das Ganze schon ordentlich gemachter harter Rock ist, der durchaus zu gefallen, mich aber nie wirklich zu begeistern vermag. Den direkten Vergleich zu (und der Vergleich drängt sich musikalisch und nicht zuletzt im Versuch, eine ähnlich Art Image abzukupfern), sagen wir, Zakk Wylde´s Black Label Society, verlieren sie jedoch in meine Augen, und das deutlich. Ein ordentliches, solides Album, das durchaus Spaß macht, sich aber leider musikalisch und textlich als zu wenig eigenständig und für meinen Geschmack als deutlich zu sehr in Metal-Klischee-Sauce getunkt erweist, um ein wirklich großer Wurf zu sein. Da freue ich mich dann doch mehr auf das nächste Projekt des vielbeschäftigten Herrn Portnoy, die Flying Colours, die liegt nämlich auch schon in der Reviewerschublade.
- Straight For The Sun
- Undaunted
- Psychosane
- All On The Line
- Hit The Wall
- Come Undone
- Believe Me
- Down To The Floor
- Angel Sky
- Freight Train
- Feelin’ Me
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